Ostküste der USA

Besuch bei der US Navi (Annapolis)

Nach den Tagen in den Grossstädten zieht es uns nun immer mehr hinaus in die Natur. Wir beschliessen ein paar ruhige Tage in einem State Park (Naturschutzgebiet) auf einer Halbinsel an der Ostküste zu verbringen. Damit die Fahrt für die Kinder und den Hund kurzweiliger wird, legen wir eine längere Pause in Annapolis (Maryland) ein. Diese schmucke Hafenstadt ist landesweit als Hauptquartier der US Navi bekannt. Im örtlichen Visitor-Center wird uns erklärt, dass die rund 4000 stationierten Navi Soldaten täglich um 12:05 Uhr eine eindrückliche Marschparade auf dem Kasernenareal abhalten. Das wollen wir uns nicht entgehen lassen. Nachdem der Sicherheitsdienst von unserer Friedfertigkeit überzeugt werden konnte, postierten wir uns mit Kind, Hund und Video-Kamera vor dem riesigen Paradenplatz. Aus dem ganzen Campus strömten tausende Soldaten in ihren schicken Uniformen in das grosse Hauptgebäude und unsere Erwartungshaltung stieg von Minuten zu Minute. Um Punkt 12:03 meldete sich Noam in höchster Alarmbereitschaft weil er dringend pinkeln musste. In Anbetracht schwer bewaffneter Sicherheitsleute, die uns aus sicherer Distanz beobachteten, erschien uns die gängige Option “im Park kurz hinter den Baum zu pinkeln“ als eher ungelegen. Deshalb rannte der sichtlich genervte Papa mit dem jammernden Junior einmal quer über den Paradeplatz um im Hauptgebäude eine Toilette aufzusuchen. Während der Sohn auf dem Navi-Klo sein Geschäft verrichtete, unterhielt sich der Vater (ein ausgemusterter Unteroffizier der Schweizer Armee) angeregt mit einem Offizier der US Navi. Auf Stefan’s Frage hin, wann denn nun die grosse Parade beginnen werde meinte der Offizier trocken: „Heute ist keine Parade – uns ist es zu kalt.“

Anmerkung der Redaktion: Gemäss MeteoGroup war es um 12:00 Uhr in Annapolis genau 15 Grad Celsius.
Anmerkung vom Wachtmeister Stefan: Die Schweiz ist demnach während den Wintermonaten von jeglichen Angriffen der US Navi sicher.

Natur Pur

Der State Park an der Küste von Chrisfield ist menschenleer als wir bei Sonnenuntergang ankommen. Die Suche nach einem geeigneten Stellplatz für die Nacht ist nur von kurzer Dauer, denn ein Ranger folgte uns in seinem Jeep und weist uns nett einen Standplatz direkt am Wasser zu. Glücklich bezahlten wir die 17 Dollar Campinggebührt und geniessen die absolute Stille die uns umgibt.

Am nächsten Tag erkunden wir gemeinsam das Ufer, klettern im Wald durch das Unterholz und während wir Eltern in einem Buch versinken, graben die Kinder im Sand nach einem vergessenen Piratenschatz.

Der Unterwasser-Tunnel

Auf der Weiterfahrt nach Norfork wartet ein weiterer Höhepunkt auf uns. Der Highway verläuft Meilenweit übers offene Meer. Mitten auf hoher See verengt sich die Strasse und wird einspurig bevor es langsam nach unten geht und wir in einen Tunnel fahren, der unter dem Meer verläuft. Es ist ein seltsames Gefühl zu wissen, dass über unserem Tunneldach riesige Wassermassen sind und mächtige Container-Schiffe ihre Routen kreuzen.

Unser Vorhaben, die Kriegsschiffe im Hafen von Norfork zu besichtigen scheitert an der Sicherheitskontrolle und unserem Unwillen, für eine geführte Bustour ein kleines Vermögen zu bezahlen. Wir Eltern beschliessen auf der Weiterfahrt nach Williamsburg, auf die Erkundung von weiteren Armeestützpunkten zu verzichten. Es gibt ja so viele andere tolle Dinge zu entdecken.

Geschichtsunterricht in Williamsburg

In den letzten Tagen wurde der Wäscheberg mit Schmutzwäsche immer grösser. Deshalb fuhren wir in Williamsburg auf einen „kommerziellen“ Campingplatz, um dort eine automatische Waschmaschine nutzen zu können. Wir sind – abgesehen von einem Rentnerpaar – die einzigen Camper. Leider ist der Waschsalon auf dem Campingplatz ebenfalls geschlossen.

An diesem Sonntagabend ist der „Superbowl“. Dieses Football-Spiel ist den Amerikanern so wichtig, dass das Spiel live an die Internationale Raumstation ISS und zu den US Soldaten in Afghanistan übertragen wird. Ein Werbeblog von 30-Sekunden kostet schlappe 4 bis 5 Millionen US Dollar – je nach Spielstand. Diese Werbungen wollen wir natürlich nicht verpassen und ergattern uns im Buffalo Wild Wings einen Tisch, der von rund 25 TV Bildschirmen umrahmt wird, damit wir auch ja nichts davon versäumen.

Am nächsten morgen besuchen wir bei herrlichem Sonnenschein den historischen Teil von Williamsburg. Ein ganzer Stadtteil mit 362 Gebäuden wurde hier im Stile der 1830er originalgetreu wieder aufgebaut. Ein Tageseintritt für die Besichtigung von 30 Gebäuden würde für uns als Familie sagenhafte 75 Dollar kosten. Das ist es uns dann doch nicht wert. Das bunte Treiben vor den Häusern und auf den Strassen ist für uns Spektakel genug. Wir kommen immer mehr zur Einsicht, dass in den USA ein Museum entweder gratis oder unverhältnismässig teuer ist.

In einem der zahlreichen Waschsalons der Stadt wird dann auch noch unser Wäscheberg wieder sauber. Die Industrie-Waschmaschinen in den USA sind riesig und nach gerade mal 90 min ist die gesamte Wäsche einer ganzen Woche wieder in den Schränken im Wohnmobil wohl geordnet verstaut. Wir sind begeistert.

Auf dem Highway 95 in den Süden

Wir beschliessen den frühlingshaften Tagestemperaturen (um 18 Grad) der Ostküste zu entfliehen und reisen zügig in Richtung Florida. Unterwegs verbringen wir ein paar herrliche Tage in Fayetteville, Savannah und auf St. Simons Island. Noam und Jala toben tagsüber auf den Spielplätzen herum, stöbern in den Bibliotheken nach spannenden Geschichten und üben sich im Baseball. Gegen Abend schlafen die Kinder gut fixiert im Wohnmobil während wir Eltern auf dem Highway der Küste entlang brausen um dann auf einem Walmart Parkplatz zu übernachten.

Florida ist ausgebucht

In St. Agustin werden wir von Florida’s Sommersonne verwöhnt. Die Gassen in der Altstadt sind eng und voller Menschen. Hier wird uns zum ersten mal bewusst, dass sich viele Rentnerpaare für einige Monate in Florida niederlassen, um dem Winter im Norden zu entfliehen. Alle Campingplätze in der Umgebung sind ausgebucht – und das anscheinend schon seit Monaten. Wir vergnügen uns in der Stadt und schlafen nachts bei Walmart oder einem Spital, dass uns auf Anfrage ebenfalls einen Parkplatz zum Übernachten anbietet.

Etwas angewidert von der Aussicht, für die nächsten Tage und Wochen auf Raststädten und bei Einkaufszentren zu campieren beschliessen wir gen West an den Golf von Mexiko zu reisen. Dort soll es angeblich wunderbare Strände und weitläufige Naturreservate geben. Davon jedoch mehr im nächsten Blog.

Begegnungen

Überall werden wir von interessierten Passanten angesprochen. Dazu gibt es im Wesentlichen 3 Gründe:

  • Grund Nr 1: Unser Hund! Viele Amerikaner sind absolute Hundefreunde. Wir werden täglich gefühlte 100 mal mit folgendem Satz angesprochen: „Wow .. what a puppy! Your Chocolate Labrador is beautiful. “ (Deutsch: Wow .. was für ein süsser Hund! Euer schokoladen-farbener Labrador ist hübsch.) Meist folgt dann eine längere Diskussion über Hunderassen.
  • Grund Nr 2: Unser Wohnmobil! Mit einer Länge von 8 Metern ist unser Carthago im Vergleich zu den Wohnmobilen der USA klein. Und trotzdem sind die Amerikaner sehr an unserem Vehikel interessiert. Das liegt in erster Linie am modernen Design, der Qualität der Verarbeitung und am tiefen Spritverbrauch. Nachdem wir in der Zwischenzeit selbst ein paar Wohnmobile von amerikanischen Herstellern von aussen und innen inspizieren durften, können wir die Begeisterung der Amis gut nachvollziehen. Wir haben wirklich ein super-tolles Wohnmobil!
  • Grund Nr 3: Eine Familie auf Weltreise! Die Amerikaner haben 5 bis 10 Tage Ferien im Jahr. Deshalb ist es auch nicht weiter erstaunlich, dass wir ausserhalb der Sommerferien die einzige Familie mit Kindern auf Reisen sind. Werden wir angesprochen, geben wir gerne über unsere Reiseroute und unser Leben Auskunft. Ausnahmslos alle Menschen sind von unserem Vorhaben begeistert und bestärken und ermutigen uns. Auf St. Simons Island sprach uns ein älteres Ehepaar an. Nach einem kurzen liebevollen Gespräch flanierten sie weiter, standen jedoch kurze Zeit darauf wieder bei unserem Wohnmobil mit der festen Absicht, die ganze Familie zum Nachtessen einzuladen. Es war herrlich und alle haben die Gespräche und das Essen genossen.

Bis bald und liebe Grüsse aus Florida
Die Traum-Leben Familie

2016-11-07T05:09:26+01:00